– 1. Dezember –
Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, spitzt sich der Streit um das Breitbandherbizid Glyphosat weiter zu. Nachdem die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) den Stoff vor Kurzem als »wahrscheinlich nicht krebserregend für Menschen« einstufte, hat sich in Reaktion darauf eine Gegenbewegung in der Wissenschaft formiert. 96 internationale Forscher unterzeichneten einen offenen Brief an EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis, in dem sie schwere Vorwürfe gegen die EFSA als auch gegen das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) erheben.
Die Wissenschaftler bewerten sowohl die Analyse des BfR als auch die darauf aufbauende Bewertung der EFSA als schwerwiegend mangelhaft. Kritisiert wird von den Forschern etwa die Wertung von Tierversuchen. Das BfR habe sich auf ältere Studien berufen, um die Vielzahl von Tumorfunden in neueren Studien zu relativieren. Dieser Rückgriff auf „unpassende historische Daten“ in „falscher Art und Weise“ sei unter „Missachtung einschlägiger OECD-Richtlinien“ geschehen. Schließlich fordern die Wissenschaftler in ihrem Schreiben die EU-Kommission auf, bei ihren Entscheidungen „die fehlerhafte Bewertung der EFSA nicht zu beachten“.
Die Unterzeichner stammen aus 25 Ländern von renommierten Forschungseinrichtungen, wie der Deutschen Forschungsgemeinschaft, das Krebsforschungszentrum Heidelberg, die Leibniz-Gemeinschaft, das italienische Collegium Ramazzini sowie Universitäten in den USA, Australien, Japan und anderswo. Sie betonen, dass sie für sich selbst sprechen, nicht für ihre Institutionen. Koordinator des Briefes ist Professor Christopher Portier, einer der früheren Direktoren des US National Toxicology Program (USA). Portier gehört zu den Forschern, die Glyphosat im Auftrag der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und deren Krebsagentur IARC bewertet haben. Im Frühjahr hatten diese den Wirkstoff als „wahrscheinlich krebserregend für Menschen“ eingestuft.
Das Pestizid Aktions-Netzwerk PAN appelliert an die EU-Kommission, das Krebsrisiko endlich anzuerkennen:
»Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) bewertete den Herbizid-Wirkstoff Glyphosat in seiner „Conclusion“ als nicht krebserregend. Diese Bewertung erfolgte unter Missachtung einer erdrückenden Beweislage aus Studien, die von der EFSA selbst als valide anerkannt wurden. PAN Germany hat einen Teil der EFSA Conclusion einer gründlichen Analyse unterzogen und belegt Punkt für Punkt, dass die EFSA Erkenntnisse ihres eigenen Bewertungsberichts ignoriert.«