Am 4. März 2016 wurden in der Heinrich Böll Stiftung in Berlin die Ergebnisse der »Urinale 2015« den Medien in einer gut besuchten Pressekonferenz vorgestellt. Im Rahmen der »Urinale« haben insgesamt 2011 Bürgerinnen und Bürger aus Deutschland im Zeitraum von Oktober 2015 bis Januar 2016 von dem unabhängigen und akkreditierten Labor »Biocheck« in Leipzig ihren Urin zum Kostendeckungsbeitrag von 53,55 Euro pro Test untersuchen lassen.
- Diese privat finanzierte Feldstudie ist damit weltweit die größte Datensammlung zur Glyphosatbelastung der Bevölkerung eines Landes.
- 2009 Proben konnten analysiert werden.
- In 2001 Proben war Glyphosat nachweisbar, das heißt, in 99,6 Prozent wurde Glyphosat gefunden.
- Lediglich 8 Proben, also 0,4 Prozent, lagen unter der Nachweisgrenze des angewendeten Testverfahrens.
- Bei 79 Prozent der Probanden war die Belastung fünf- bis zweiundvierzigfach höher als der Rückstandshöchstwert für Pestizide in Trinkwasser – dieser beträgt 0,1 Nanogramm pro Milliliter. Es liegt also flächendeckend eine erhebliche Belastung vor.
- Die Urinproben von Kindern und Jugendlichen ergaben die höchsten Messwerte.
- Etwas mehr als die Hälfte der Teilnehmenden ernährt sich von Lebensmitteln aus ökologischem Landbau. Bei ihnen war die Belastung zwar insgesamt niedriger, doch auch Bio-Esserinnen und -Esser haben durchschnittlich das Neunfache des Trinkwasserhöchstwerts an Glyphosat im Urin – wie kann das sein, wo Bio-Produkte doch streng kontrolliert werden?
Dieser letzten Frage geht inzwischen das Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft nach: Wie Glyphosat überhaupt in den menschlichen Körper gelangt und was eine dauerhafte Belastung dort bewirkt, ist bislang nicht erforscht. Es besteht die begründete Vermutung, dass Glyphosat (wie offenbar auch weitere Ackergifte) über die Atemluft aufgenommen wird. Bisher gibt es dazu keine relevanten Studien am Menschen. Was bedeutet es für die Gesundheit, wenn man einen Wirkstoff, der lebensfördernde Darmbakterien abtötet und dem Körper Spurenelemente entzieht, in geringsten Dosen ununterbrochen zuführt?
Die Zulassung von Glyphosat stützt sich fast ausschließlich auf industriefinanzierte Tierversuche, die dem Mittel Unbedenklichkeit für den Menschen bescheinigen. Das hält Peter Clausing, Toxikologe und Vorstand des Pestizid Aktionsnetzwerks, für wissenschaftlich unhaltbar, zumal mindestens fünf relevante Studien an Mäusen die Warnung der WHO stützen, Glyphosat sei höchstwahrscheinlich krebserregend. Inzwischen wurde von mehreren Seiten (z.B. hier) aufgedeckt, dass die Zulassungsbehörden in großem Stil die Eigenbewertung der Industrie in die Zulassungsgutachten durch einfaches Abschreiben übernommen haben.
Mehr zu aktuellen Entwicklungen in der Glyphosat-Debatte sowie allgemein zur Ackergift-Problematik finden Sie im Ackergifte? Nein danke!-Blog.
Die Behörden lehnen es weiterhin ab, großflächige Untersuchungen zur Glyphosatbelastung der Bevölkerung in Europa zu finanzieren. Deshalb bleiben wir Bürgerinnen und Bürger gefordert. Die Kampagne »Ackergifte? Nein danke!« möchte weitere Studien in Auftrag geben. Sie sollen Licht ins Dunkel der bislang nicht nachvollziehbaren Wege bringen, wie Glyphosat in unsere Körper eindringt und welche gesundheitlichen Folgen dies hat. Der Einsatz für ein Verbot von Ackergiften wird ehrenamtlich getragen. Doch Aktionen, die Führung eines Büros, Kommunikationsmaterialien etc. kosten Geld. Dafür brauchen wir Ihre Unterstützung:
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