– 29. Oktober –
Das Bundesinstitut für Risikobewertung gibt in seinem Abschlussbericht an die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA zu, deutliche Hinweise auf die Kanzerogenität von Glyphosat in fast allen relevanten Tierversuchs-Studien übersehen zu haben. Dennoch stehe dies einer Verlängerung der Zulasssung nicht entgegen, behauptet die Behörde dreist. Das Ackergift sei bei richtiger Anwendung für den Menschen ungefährlich.
Insgesamt gibt es sieben Glyphosat-Langzeitexperimente an Ratten und fünf an Mäusen, die von Wissenschaftlern als aussagekräftig angesehen werden. Ausgerechnet in den Studien an Mäusen hat die deutsche Risikobewertungs-Behörde nun endlich deutliche Hinweise auf eine krebserregende Wirkung bei Tieren erkannt – nachdem sie diese Studien früher größtenteils anders bewertet hatte.
In dem neuen Bericht des BfR, den das ARD-Magazin »Fakt« vorab auf seiner Internetseite veröffentlicht hat, räumt das Amt ein, dass sich in allen fünf ausgewerteten Langzeitstudien an Mäusen signifikante Steigerungen verschiedener Tumorarten zeigten: Lymphdrüsenkrebs, Nierentumore sowie Krebs der Blutgefäße. Diese zwischen 1983 und 2009 erstellten Studien hat das BfR in seine Glyphosat-Bewertungen einbezogen. In einer ersten Version des Risikoberichts vom 18. Dezember 2013 hatte die Behörde seltsamerweises nur in einer Studie auffällige Häufungen von Lymphdrüsenkrebs gefunden. Diese Studie stufte die Behörde als nicht relevant ein, weil die vier anderen Studien keine Effekte gezeigt hätten.
Die Süddeutsche Zeitung fragt in ihrem Artikel: »Wie kann es sein, dass solch wichtige Tatsachen übersehen wurden?« Und weiter: »Kritiker vermuten schon lange, dass sich die deutschen Aufseher, die bereits Ende der Neunzigerjahre die EU-Erstbewertung des Stoffs übernahmen, zu sehr auf Informationen der Hersteller verlassen haben. Offenbar zu Recht. Denn als Begründung, warum die Krebsforscher der WHO eine Reihe signifikanter Tumorhäufungen feststellten, das BfR aber nicht, schreibt die Behörde, sie habe sich anfangs auf die statistischen Auswertungen der Studienreporte verlassen – also auf die Angaben der Industrie. Und diese Reporte der Industrie hätten einen von den Krebsforschern der WHO angewendeten statistischen Test, einen sogenannten Trendtest, nicht verwendet.«
Trendtests gehören zum Standard bei der Beurteilung von Tierversuchen zu Krebs. Sie geben Auskunft darüber, ob die Effekte über alle Tiergruppen hinweg mit der Dosis ansteigen, also ob ein signifikanter Trend erkennbar ist. Der Toxikologe Peter Clausing, der für das pestizidkritische Netzwerk PAN arbeitet, meint zu diesem Versäumnis in den von der agrochemischen Industrie selbst durchgeführten Studien: »Der Trendtest ist der von der OECD vorgegebene Standard zur Auswertung von Karzinogenitätsstudien. Ich kann nicht verstehen, warum das BfR diesen Standard nicht anwendet und sich damit zufriedengibt, was die Industrie ihr präsentiert.»
Die OECD-Richtlinie zur Durchführung von Krebsstudien an Tieren hebt genau diesen von der WHO angewendeten Trendtest besonders hervor …
(Für weitere Ackergifte-Meldungen siehe auch den Haupt-Blog unserer Kampagne.)